Projektwoche SBH Basel – Interview mit blinder Juristin

Siril Wallimann/ Mai 1, 2017/ Allgemein/ 0Kommentare

„Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.“

Am Mittwoch, 26. April 2017 durften wir als Gruppenprojekt der Schweizerischen Blindenhilfe die 45-jährige Juristin Susanne Kaiser kennenlernen. Durch einen grünen Star, welcher nicht aufgehalten werden konnte, erblindete sie im jungen Alter von fünf Jahren. Als kleines Mädchen besuchte sie mit sechs Jahren einen Kindergarten für Blinde- und Sehbehinderte. Für die Grundschule ging sie zum TSM-Schuzulzentrum für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen. Das Gymnasium und die darauffolgende Maturität absolvierte sie an einer normalen Schule. Wegen ihrem Interesse an Menschen und deren Verhaltensweisen  begann sie ein Psychologiestudium, welches sie jedoch wegen nicht bestandener Prüfungen abbrechen musste.

Mit einem wachen Geist beantwortete sie geduldig und klar unsere Fragen. Viele von uns dachten sich, dass sie nach Studienabbruch eine normale Arbeitsstelle suchen würde. Eine Stelle ohne tagelanges lesen und lernen für die Schule. Susanne Kaiser kämpfte jedoch weiter. Ein anderer Traum von ihr war es als Übersetzerin zu arbeiten. Dafür hätte sie jedoch eine weitere Universität besuchen müssen. Nach dem Entschluss erneut ein Studium aufzunehmen, war die Anmeldefrist bereits abgelaufen.

„Eigentlich wollte ich nicht Juristin werden.“ Doch trotzdem startete sie das Jus-Studium. Nach 6 ½ Jahren war es soweit und Frau Susanne Kaiser absolvierte erfolgreich die Prüfungen und hielt ihr Diplom in den Händen. Heute arbeitet sie bei einem öffentlichen Dienst. Ihr Pensum hat sie auf 65% reduziert, um einerseits das Leben zu geniessen und andererseits ein zweites Standbein als Naturheilpraktikerin aufzubauen. Diese berufliche Neuausrichtung übt sie jedoch nur privat aus, da sie ein grosses Interesse für Botanik und Medizin pflegt.

„Im Vergleich zu früher verbesserten sich die Hilfsmittel enorm.“ So hegte Frau Susanne Kaiser viel Geduld, als sie sich ohne technische Hilfsmittel durch die Grundschule und das Gymnasium durcharbeitete. „Damals  habe ich mit Audiodateien von der Schweizerischen Bibliothek für Blinde und Sehbehinderte (SBS) oder mit Blindenschriftblättern gearbeitet. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts kam der Scanner und Jaws als Hilfsmittel dazu. Heute sind alle notwendigen Dateien für meinen Berufsalltag online unter www.admin.ch erhältlich.“

Kundenkontakt hat Frau Susanne Kaiser ausschliesslich per Telefon oder E-Mail. Eine Assistenzperson hilft ihr wöchentlich zwei Stunden um ihr bei schwierigen Arbeiten am Arbeitsplatz zu helfen. Solche Aufgaben sind beispielsweise das Zusammenstellen wichtiger Dokumente für eine Gerichtsverhandlung oder das Einrichten des Seitenlayouts für analoge Blätter. Privat nimmt Susanne Kaiser die Hilfe der örtlichen Spitex an. Das ausgebildete Pflegepersonal hilft ihr im Haushalt und der Gartenpflege.

Ihr grosser Wille und Kampfgeist haben mich sehr beeindruckt. Es war eine grosse Bereicherung mit ihr sprechen zu dürfen. Aus dem Interview nehme ich viel Mut für meinen weiteren Lebensweg mit. Ich bin fest davon überzeugt, dass man mit grosser Eigeninitiative vieles erreichen kann. Natürlich gibt es Grenzen für Sehbehinderte, doch man sollte aus jeder Situation immer das Bestmögliche für sich selbst herausholen. Am Ende wird man durch schwierige Situationen stärker. Wenn sich das Leben nur immer von der Sonnenseite präsentieren würde, dann hätte man keine Herausforderungen mehr. Die Schweizerische Blindenhilfe wird uns alle unterstützen, damit wir bald wieder den Schritt in den Berufsalltag gehen können. Meine Zukunft möchte ich selber gestalten und davon lasse ich mich von meiner Sehbehinderung nicht einschränken. Frau Susanne Kaiser wünsche ich für ihren weiteren Lebensweg alles Gute.

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